Er findet traditionell am 6. Januar statt und mit tausenden Gästen im Rosengarten. In diesem Jahr war das aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich. Stattdessen fand der Neujahrsempfang virtuell statt. In Kooperation mit der m:con wurde die Veranstaltung live vom Rhein Neckar Fernsehen aus dem Congress Center Rosengarten übertragen. Außerdem konnten die Zuschauer*innen der Veranstaltung virtuell per Live-Stream folgen.
Corona und die Folgen waren auch das bestimmende Thema der Rede von Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz. Zu Beginn seiner Rede dankte er zunächst all denjenigen, die in der Krise für andere da waren und einen entscheidenden Beitrag geleistet haben, um die Krise zu bewältigen und Hoffnung zu geben. Ohne diese Haltung, so der OB könne die Krise nicht überwunden werden, und die Gesellschaft könne sich nicht positiv entwickeln.
Der Oberbürgermeister betonte, dass wir in einem stabilen und funktionierenden Sozialstaat lebten, der auch in einer solchen Krise handlungsfähig sei und dass eine maßlose Kritik das Vertrauen in die Politik untergrabe und Demokratie ins Leere laufen lasse. „Ich appelliere an alle Demokraten, hier achtsam zu sein, so der OB.
Kraft aus der Krise schöpfen
Dr. Kurz zeigte in seiner Rede auch die Chancen auf, die in der Bewältigung der Krise liegen: „Wir sind in der Lage, auch diese Krise nicht nur zu überstehen, sondern neue Kraft zu schöpfen. Das ist uns in der Weltwirtschaftskrise 2008/2009 gelungen!“ Er wies darauf hin, dass damals wichtige Weichenstellungen gerade in der Krise vorgenommen worden seien und ein großes Investitionsprogramm realisiert worden sei.
Auch jetzt befinde sich die Stadt wieder mitten in einem außergewöhnlichen Ausbau bezie-hungsweise einer Veränderung der Infrastruktur – bei Schulen, Bädern, Kultur, ÖPNV und Stadtentwicklung, die bis weit in die zweite Hälfte der 20er Jahre anhalten werde. Um dieses Investitionsprogramm durchführen zu können, brauchten die Kommunen allerdings strukturelle und konjunkturelle Unterstützung.
Diese Investitionen seien Teil des größten Veränderungsprozesses seit dem Wiederaufbau der 50er, so der OB. Und die Veränderungen seien ausreichend und ihre Themen richtig gewählt.
Richtschnur des Handelns in Mannheim bleibe das Thema Nachhaltigkeit, „Wir wollen in den nächsten Monaten einen Rahmen und Maßnahmen beschreiben, wie wir als Stadt, aber auch als Stadtgemeinschaft, die ökologische Transformation organisieren, klimaneutral werden, soziale Teilhabe und Lebensqualität erhöhen und Wohlstand erhalten“, erklärte der Oberbürgermeister.
Urbanität der Stadt als Orientierung
Auch wenn das Virus insbesondere die Städte getroffen habe und das verhindere, was die Menschen mit urbanem Leben verbinden würden, gebe es keinen Grund, den Abgesang auf die Stadt anzustimmen. Auch in Mannheim entstünden immer mehr „Dritte Orte“, Orte, an denen wir uns gerne aufhalten und die Begegnungsorte sind.
Eine Möglichkeit zur Bewältigung der Krise liege deshalb in der Urbanität, die der Oberbürgermeister als eine Haltung, als eine Praxis der Nichteinmischung und der Indifferenz bezeichnete.
„In einer Stadt kommt zusammen, was zunächst einmal nicht zusammengehört. Das ist ihre Faszination – und ihr Potential. Verlangen wir zu viel Gemeinschaft und Konformität, kann das nicht funktionieren. Statt „leben und leben lassen“ gehen wir uns gegenseitig auf die Nerven. Funktionieren kann das zivilisierte, distanzierte Miteinander aber nur dann, wenn Regeln eingehalten werden, wenn das Verhalten der einen nicht die Freiheit der anderen einschränkt“, so der OB.
„Die Qualität unserer Stadt war und ist diese Balance – das großstädtische Gepräge, die gleichzeitig Sicherheit vermittelnde Überschaubarkeit sowie Nähe und Gemeinschaft, wenn wir sie wollen“, betonte der Oberbürgermeister.
Diese Qualität sei eine großartige Antwort auf Verunsicherung, Pessimismus und überzogene Erwartungen und eine besondere Stärke der Stadt: „In diesem Sinne wünsche ich uns ein Jahr, in dem die Urbanität unserer Stadt wieder zu blühen beginnt und sie uns allen Orientierung gibt!“
Ehrung von ehrenamtlichen Engagement
Auch in diesem Jahr ehrte der Oberbürgermeister wieder Bürgerinnen und Bürger für ihr ehrenamtliches Engagement. Zehn Projekte und Initiativen wurden geehrt, von der Einkaufshilfe „Hilfe für Mannheim“, organisiert von PRO Waldhof über „ROCKT zu HAUSE“ bis hin zur Surfrider Foundation Europe – Baden Pfalz.
Folgen der Krise für die Psyche
Anstelle der gewohnten Festrede führte Moderatorin Carina Junginger ein Gespräch mit dem Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit, Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg zum Thema „Corona und die Psyche. Was macht Corona mit uns Menschen?“ Dabei führte Meyer-Lindenberg aus, dass die Pandemie eine einzigartige Beeinträchtigung der Psyche bedeute, vor allem im Hinblick auf das Gefühl der Isolation. Besonders junge Menschen seien betroffen und litten darunter, sozial isoliert zu sein. Man könne aber auch positive Schlüsse ziehen. So seien gewisse Transformationsprozesse, wie das flexible Arbeiten oder das Arbeiten im Homeoffice oder die Digitalisierung beschleunigt worden.
Das künstlerische Rahmenprogramm wurde in diesem Jahr von Künstlerinnen und Künstlern der Freien Szene gestaltet. Mit „IF“ zeigte Cecilia Ponteprimo eine Tanzperformance von Julie Pécard in Begleitung einer Gesangs-Vibraphon-Komposition von Kasia Kad-lubowska. Bei „7 Months“ von EPI trafen Rhythmen des östlichen Mittelmeerraums auf moderne Jazz-Harmonien. Den Abschluss bildete die Songwriterin und Musikerin Alex Mayr mit „Ein Pilot“.